Projekttreffen Lüneburg (März 2022)
Gastgeber*innen des 7. NAVEBGO-Projekttreffen am 22. und 23. März 2022 waren diesmal unsere Projektpartner*innen von der Leuphana Universität in Lüneburg, im Norden Deutschlands. Damit ist das Quartett der Projektstädte auch komplett, da nun alle Projektpartner*innen mindestens einmal Gastgeber*in für unser Treffen waren.
Das Projekttreffen in Lüneburg war das letzte große Treffen aller Projektpartner*innen vor der NAVEBGO Abschlusskonferenz im Sommer und stand somit ganz im Zeichen der Vorbereitungen des Projektabschlusses. Neben den üblichen Berichten aus den Arbeitsgruppen, stand diesmal die Erarbeitung der zentralen Projektoutputs in kleinen Arbeitsgruppen im Mittelpunkt. Dabei wurden die Ergebnisse der Projektpartner*innen zusammengefasst und daraus in intensiven Diskussionen die zentralen Kernergebnisse des Projekts erarbeitet. Darüber hinaus wurde die Abschlussveranstaltung, die am 21. Und 22. Juni 2022 in Freiburg im Breisgau stattfinden wird, geplant.
Abgerundet wurde das Projekttreffen durch lokale Spezialitäten bei einem gemeinsamen Abendessen und einer kleinen abendlichen Stadttour durch Lüneburg. Vielen Dank an alle Projektpartner*innen der Leuphana Universität für die tolle Organisation!
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Vision einer Biozid-freien Stadt
Im Rahmen des Projektes NAVEBGO haben wir in den letzten 3 Jahren zahlreiche natur- und sozialwissenschaftliche Studien durchgeführt, darunter die Messung und Modellierung der Freisetzung von Bioziden und deren Verbreitungspfaden in der urbanen Umwelt, die Untersuchung der Toxizität von Bioziden in Fassadenfarben sowie die Analyse der Akteursketten und der Funktion und der Wahrnehmung von Fassaden durch die verschiedenen Akteur*innen. Nach der Auswertung der Daten kommen wir zu dem Schluss, dass eine Biozid-freie Stadt nötig ist, um tatsächlich den Biozideintrag in die Umwelt effektiv zu verhindern. Die gute Nachricht dabei ist, dass es auch möglich ist. Deshalb fordern wir mittelfristig eine Biozid-freie Stadt!
Berichte aus den Arbeitsgruppen
Bericht aus Lüneburg
Institut für Nachhaltige Chemie (INSC)
(ehemals Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie - INUC)
Stand
Die Analyse von Wasser- und Bodenproben aus Freiburg, Landau und Lüneburg auf Biozide und deren Transformationsprodukte ist eine wesentliche Aufgabe der Wissenschaftler*innen des Instituts für Nachhaltige Chemie der Leuphana Universität Lüneburg im Projekt NAVEBGO. Trotz Verzögerungen durch die COVID-19-Pandemie und damit verbundene Maßnahmen wurden in den Laboren der Leuphana Universität wieder zahlreiche Proben analysiert.
Weiterhin arbeiten die Forscher*innen des INSC intensiv an umweltfreundlichen und nachhaltigeren Alternativen zu Bioziden („Benign by design“). Spezielle Naturstoffe, die sogenannten Flavonoide, wurden dabei als mögliche Kandidaten ermittelt. In der Fachzeitschrift „Science of The Total Environment“ wurde nun ein Übersichtsartikel durch die Arbeitsgruppe veröffentlicht, in dem das derzeitige Wissen über Flavonoide als Biopestizide zusammengetragen wurde. Im Rahmen einer Analyse der vorhandenen Literatur zu dem Thema wurden Quellen, Molekülstrukturen, Aktivitäten und Umweltverhalten der bekannten Flavonoide systematisch dokumentiert.
Weiteres Vorgehen
Im Rahmen von NAVEBGO werden nun letzte Grundwasserproben aus Feldversuchen in Freiburg in den Laboren des INSC der Leuphana Universität auf Biozide und deren Transformationsprodukte untersucht. Weiterhin werde Ergebnisse der Bioabbaubarkeits- und Aktivitätstest ausgewertet und Kriterien für die Suche nach weiteren geeigneten Flavonoiden erarbeitet.
Berichte aus Strasbourg
Institut Erde und Umwelt Straßburg (ITES) / Earth & Environment Strasbourg (EES)
(ehemals Labor für Hydrologie und Geochemie - LHyGeS)
Stand
Beim letzten Projekttreffen im Herbst in Straßburg konnten die Projektpartner*innen die umfangreichen Feldexperimente im Stadtteil Adelshoffen-Schiltigheim besichtigen. Eine erste Auswertung der Messdaten deutet sowohl auf eine Auswaschung der Biozide Diuron und Terbutryn sowie deren Transformationsprodukte auch lange nach dem letzten Streichen hin. Darüber hinaus konnten Terbutryn und dessen Transformationsprodukte im Boden, im Teichwasser und in verschiedenen Pflanzenteilen nachgewiesen werden.
Um die Biozidauswaschung aus Fassaden und deren Verlagerung im Boden genauer untersuchen zu können, wurden in dem Wohnviertel zusätzlich künstliche Wände und Bodenkörper, sogenannte Lysimeter, errichtet. Nach dem Ende der Experimente wurde das Material der Lysimeter ausgegraben und Teile davon für weitere Analysen ins Labor gebracht. Dort wurden die an den Bodenteilchen hängenden, „adsorbierten“, Biozide und deren Transformations-produkte extrahiert und gemessen. Die Menge der zurückgehaltenen Biozide hing dabei deutlich von der Art des Substrats (Kies oder Boden) sowie vom Oberflächenmaterial (Gras oder Betonpflaster) ab.
Weiterhin sind die Wissenschaftler*innen intensiv mit der Anpassung der Methode der Komponenten-spezifischen Isotopenanalyse (CSIA) für die Untersuchung des Abbaus des Biozids Terbutryn in der Umwelt beschäftigt. Die Methode scheint geeignet um Pfade der Biozide in der Umwelt aufzuzeigen und kann ein hilfreiches Werkzeug sein um Abbaumechanismen zu identifizieren.
Weiteres Vorgehen
Die Wissenschaftler*innen des ITES sind nun intensiv mit der weiteren Auswertung der Daten aus den zahlreichen Feld- und Laborversuchen beschäftigt. Kleinere Laborversuche zur Biozidauswaschung aus Fassadenfarben sollen noch offene Fragen klären.
Labor Gesellschaften, Akteure und Regierung/Herrschaft in Europa (SAGE)
Stand
Mit Hilfe ihrer sozialwissenschaftlichen Untersuchungen (Interviews, Fragebögen etc.) haben die Wissenschaftler*innen des Labors SAGE der Universität Straßburg viele Erkenntnisse über die Akteursketten von den Farbhersteller*innen bis zu den Anwender*innen gewonnen. Diese können dabei helfen, Methoden zu entwickeln um den Biozideinsatz an der Quelle zu reduzieren bzw. zu verhindern, dass Biozid-haltige Farben überhaupt verwendet werden.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Akteur*innen und ihre Beziehungen zueinander bei kleineren privaten Projekten und bei Großprojekten deutlich unterscheiden. Letztere könnten dabei als Leuchtturmprojekte wirken. Eine Biozid-freie Fassadengestaltung könnte hier Vorbildwirkung für viele kleinere Projekte haben.
Befragungen der Anwohner*innen in Straßburg und Freiburg haben gezeigt, dass die meisten der befragten Personen kein Wissen über Biozide in Fassadenfarben und die Probleme, die diese in der Umwelt verursachen, besitzen. Gleichzeitig werden Algen-bewachsene Fassaden meist als unnatürlich bzw. schmutzig und baufällig wahrgenommen werden.
In einem Workshop mit verschiedenen Akteur*innen in Straßburg wurde über die verschiedenen Aspekte des Biozideinsatzes in Fassadenfarben informiert sowie deren Reduktionsmöglichkeiten intensiv diskutiert.
Weiteres Vorgehen
Die Analysen der zahlreichen Ergebnisse werden in den kommenden Monaten abgeschlossen. In einem weiteren Workshop werden die Ergebnisse nochmals mit verschiedenen Akteur*innen vertieft diskutiert.
Berichte aus Freiburg
Professur für Hydrologie/Professur für Sedimentologie (UF-HY/UF-SE) / WWL Umweltplanung und Geoinformatik GbR (WWL)
Stand
Die Wissenschaftler*innen der Hydrologie sowie der Sedimentologie der Universität Freiburg haben die Ergebnisse ihrer Untersuchungen in einem Freiburger Stadtteil in einem Artikel zusammengefasst, der in der Fachzeitschrift „Hydrology and Earth System Sciences“ veröffentlicht wurde. Es wurde unter anderem festgestellt, dass Biozide auch nach über 10 Jahren nach dem letzten Streichen aus den Fassadenfarben ausgewaschen werden.
Zurzeit werden in Freiburg noch an verschiedenen Stellen Sedimentproben entnommen und auf die verschiedene Biozide und deren Transformationsprodukte untersucht. Diese und weitere Daten aus Grund- und Oberflächenwasser dienen auch der Modellierung der Pfade von Bioziden von der Fassade in das Grundwasser.
Die Überarbeitung der Homepage www.biozidauswaschung.de sowie des Simulationsmodells FReWaB-PLUS durch das Ingenieurbüro WWL Umweltplanung und die Hydrologie der Universität Freiburg wurden abgeschlossen. Das Modell kann nun, dank der Übersetzungsarbeit der Wissenschaftler der Universität Straßburg, auch in Französisch (und Englisch) genutzt werden.
Weiterhin wurden die Karten, die die verschiedenen Risikofaktoren der Biozidauswaschung visualisieren, für die Stadt Lüneburg aktualisiert und stehen nun auf der Projekthomepage zur Verfügung.
Weiteres Vorgehen
In den folgenden Monaten werden die Forscher*innen der Hydrologie und der Sedimentologie der Universität Freiburg die Modellierung von Wasser- und Stoffflüssen in Freiburg und Landau abschließen und die vorhandenen Daten auswerten.